Der elektrische Sprinter von Mercedes ist noch nicht lange auf dem Markt, da kündigt Van-Vertriebschef Klaus Rehkugler bereits eine völlig neue E-Architektur für den Transporter an. Die Electric Versatility Platform (EVP) soll "noch vor 2025" in Serie gehen und den Bestseller von Mercedes in der Van-Sparte fit machen für den amerikanischen Markt und Kundenanforderungen etwa von Amazon. In China dagegen wird es ihn vorerst nicht geben.
Die Veränderungen finden hauptsächlich unter dem Blechkleid statt. "Der eSprinter wird künftig aus einem Frontmodul, einem Unterbodenmodul und einem Heckmodul aufgebaut sein", sagte Rehkugler vor Journalisten. In einer späteren Pressemitteilung teilt Daimler zudem mit, dass in die neue Plattform 350 Millionen Euro fließen. Die neue Generation des eSprinters soll CO2-neutral produziert werden.
Der Aufbau ermögliche zwei Längen und drei unterschiedlichen Batteriegrößen. Die größte mit über 100 kW/h soll dann auch deutlich größere Reichweiten mit einer Ladung ermöglichen. Außerdem ist neben dem Kastenwagen auch ein Pritschenaufbau möglich. Im Interview mit der Automobilwoche hatte Van-Chef Marcus Breitschwerdt zudem klar gemacht, dass er bei elektrisch angetriebenen Wohnmobilen ein großes Potenzial sieht.
Zwar hat die Van-Sparte in Deutschland mit 1800 Bestellungen von Amazon bereits einen Großauftrag für den aktuellen eSprinter an Land gezogen. Auch andere Paketzusteller wie Hermes rüsten ihre Flotten mit dem lokal emissionsfreien eSprinter aus. Doch bisher wird dieser eben nur in Europa angeboten. Offiziell heißt es dazu bei Daimler, dass der elektrische Transporter in einer ersten Stufe nur für diesen Markt gedacht gewesen sei.
Reichweite von 170 Kilometern zu wenig
Nach Informationen der Automobilwoche hat diese Selbstbeschränkung aber mit Problemen bei der Homologation für den amerikanischen Markt zu tun. So soll Mercedes die intern hohen Sicherheitsstandards, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen, nicht erfüllen können. Zum anderen begrenzt die Reichweite von maximal 170 Kilometer den Einsatz in US-Metropolen, wo Tagestouren über eine deutlich größere Strecke führen als in Europa.
So hat Amazon in den USA bereits eine Kooperation mit dem Elektro-Start-up Rivian geschlossen und die Entwicklung eines E-Transporters in Auftrag gegeben. Der Online-Händler will in einem ersten Schritt 100.000 Stück der Rivian-Vans abnehmen. Angesichts dieser Dimensionen dürfte Mercedes die Entscheidung für eine auf amerikanische Bedürfnisse zugeschnittene Elektro-Architektur leicht gefallen sein. Die Entwicklung erfolgte nach Informationen der Automobilwoche in enger Abstimmung mit dem Partner Amazon. "Wir wollen in Nordamerika mitwachsen", sagte Rehkugler.
Die Van-Sparte von Mercedes wird das Jahr 2020 mit vergleichsweise kleinen Blessuren abschließen. "Der Rückgang wird sich eher im einstelligen als zweistelligen Prozentbereich bewegen", sagte Rehkugler. Im vergangenen Jahr hatte Mercedes rund 438.400 Einheiten von Citan, V-Klasse, X-Klasse, Vito und Sprinter abgesetzt. In diesem Jahr sollen es trotz Corona-Krise über 400.000 sein. "Wir haben viel gelernt in diesem Jahr", sagte Rehkugler auch mit Blick auf die Kostensenkung in der Sparte. "Das wollen wir weiter anwenden."
Lesen Sie auch:
Warum der eSprinter nicht in die USA kommt
Interview mit Van-Chef Marcus Breitschwerdt: "Nur wir können in diesem Umfang liefern"
Neuer elektrischer Van vorgestellt: Mercedes-Transporter sollen zurück in die Erfolgsspur
Aus dem Datencenter: