Auf diesen Tag hat sich Audi-Chef Markus Duesmann seit Langem gefreut. Schon vor der Premiere des neuen E-Sportwagens E-Tron GT schwärmte er von dem neuen Modell. "Ein sensationelles Produkt. Das wird mein neues Lieblingsauto." Am Dienstagabend wurde die Serienversion enthüllt.
Und die sieht fast genauso aus, wie die Studie, die 2018 in Los Angeles enthüllt wurde. Man habe sich ganz bewusst eng an die Studie gehalten, sagt der neue Leiter des Audi-Exterieur-Designs, Phillip Römers. Beim Concept Car auf der Messe habe man damals sogar extra ein paar Kleinigkeiten verändert, damit sie nicht zu nah an der Serie ist.
Auslieferungsstart Mitte Mai
Ab Mitte Mai soll der E-Sportwagen bei den Händlern stehen, zunächst in Deutschland und Europa, ab Juni dann auch in den USA. Später soll er auch in Asien antreten. "Natürlich bieten wir den E-Tron GT auch in China an", sagt Sven Janssen, Produktmarketingmanager bei Audi Sport.
Das Fahrzeug bringt Audi zeitgleich in zwei Varianten: Die Standardversion E-Tron GT quattro und gleichzeitig auch in der noch sportlicheren Version RS E-Tron GT. Die Preisliste beginnt ganz knapp unter 100.000 Euro: Den E-Tron GT quattro gibt es in Deutschland ab 99.800 Euro, den RS E-Tron GT ab 138.200 Euro.
Größter Markt sollen aber die USA werden, wohin Audi gut die Hälfte der Fahrzeuge liefern will. Knapp ein Viertel soll in Europa bleiben. Im Fokus stehe hier neben Deutschland und den Benelux-Staaten vor allem Skandinavien, insbesondere Norwegen. Janssen: "Wir wollen dort unsere Marktführerschaft bei der Elektromobilität ausbauen."
Image wichtiger als Stückzahl
Der E-Tron GT wird auf der Straße dennoch ein seltener Anblick bleiben. Keine 10.000 Stück sollen davon pro Jahr gebaut werden. "Unsere Produktionskapazitäten bewegen sich im hohen vierstelligen Bereich", sagte Janssen. Man hoffe aber auf eine hohe Nachfrage, die Produktion könnte dann erhöht werden. "Wir sind dann in der Lage, das noch einmal hochzuschrauben."
Damit bleibt Audi deutlich hinter dem vor einem Jahr gestarteten Porsche-Schwestermodell Taycan zurück. Die Sportwagenmarke aus Zuffenhausen hatte zunächst von 20.000 Fahrzeugen pro Jahr gesprochen, die Kapazität wegen der hohen Nachfrage aber bereits auf mehr als 30.000 erhöht.
Wichtiger als die Stückzahl ist Audi der Imagegewinn. "Der E-Tron GT wird unsere neue Ikone und lässt die Herzen höher schlagen", sagt Vertriebsvorständin Hildegard Wortmann. Das Modell werde damit vor allem aufs Image der Marke einzahlen. "Der E-Tron GT spiegelt die ganze Leidenschaft wider, mit der Audi Autos entwickelt und baut."
Böllinger Höfe ausgebaut
Produziert wird der Stromer in den zum Werk Neckarsulm gehörenden Böllinger Höfen, wo er seit Dezember zusammen mit dem Verbrenner-Sportwagen R8 vom Band rollt. "Wir haben dort massiv ausgebaut und aufgestockt und bauen den GT dort in zwei Schichten", sagt Anlaufmanager Alexander Breuer. Die Belegschaft am Standort sei dafür um 60 Prozent aufgestockt worden.
"Der E-Tron GT ist in meinen Augen das attraktivste Auto, das wir je gebaut haben", lobt Designer Römers das Fahrzeug, dessen Außenhaut bereits in dem von ihm geleiteten Designstudie entstanden war. Am auffallendsten ist dabei der invertierte Singleframe vorn, hinter dem sich statt des Kühlers die Sensorik verbirgt. Erstmal ist er tief schwarz eingefasst, zweitens ist das Wabengitter dafür nun in Wagenfarbe lackiert. Das könnte das neue Markengesicht von Audi werden, deutet Römers an. "Das weist den Weg."
Porsche Taycan als Technikspender
Technisch basiert der E-Tron GT auf dem Porsche Taycan, mit dem er sich die J1-Plattform teilt. Das ermöglicht trotz Batterie im Boden ein sportlich flaches Design: Der 4,99 Meter lange und 1,96 Meter breite Sportwagen ist nur 1,41 Meter hoch. Für die Passiere im Fond gibt es wie beim Taycan im Fußraum Aussparungen in der Batterie, von den Designern liebevoll "Fuß-Garagen" genannt. Im Innenraum setzt Audi auf Recycling-Materialien, etwa Fasern aus alten Plastikflaschen und Fußmatten aus alten Fischernetzen. Denn, so Wortmann: "Nachhaltigkeit ist das neue Premium."
Vom Taycan übernommen wurde auch die 800-Volt-Technik, die extrem schnelles Laden ermöglichen soll. Innerhalb von fünf Minuten soll das Auto Saft für 100 Kilometer laden können. Der GT, wie Audi das Modell intern nur nennt, kommt durchweg mit Allrad, die beiden E-Motoren liefern beim Basismodell 476 PS, in der RS-Variante sogar 598 PS. Für kurze Sprints gibt es zusätzlich eine Boost-Funktion, die 50 PS zusätzlich mobilisiert.
Die Reichweite gibt Audi mit 488 Kilometern nach WLTP an, beim RS-Modell sind es 26 Kilometer weniger. Zu schaffen ist das allerdings nur bei zurückhaltender Fahrweise. Dabei lädt das Fahrzeug eigentlich zum sportlichen Fahren ein: Den Spurt von 0 auf 100 schafft das Auto in 4,1 Sekunden, das RS-Modell sogar in 3,3 Sekunden. Bei 245 beziehungsweise 250 km/h wird elektronisch abgeregelt.
Q4 e-tron wird im April enthüllt
Das Auto sei ein Meilenstein für die Marke, sagt Duesmann. "Der E-Tron GT bringt 'Vorsprung durch Technik' auf die Straße. Wir erwecken den Slogan 'Vorsprung durch Technik' zum Leben." Das Auto haben ihn daher bereits ab seinem ersten Tag bei Audi fasziniert, fügt der ehemalige BMW-Manager hinzu, der erst seit 1. April 2020 an der Audi-Spitze steht.
Der E-Tron GT ist die zweite reine Elektro-Baureihe der Ingolstädter nach dem 2018 gestarteten SUV E-Tron aus dem Brüsseler Werk. Noch in diesem Jahr soll der Q4 E-Tron auf Basis des MEB von VW folgen, der zusammen mit dem Schwestermodell ID.4 in Zwickau gebaut wird. Den Termin für nächste Premiere kündigte Duesmann am Rande der GT-Enthüllung an: Vorstellen will er die Serienversion des Q4 E-Tron im April.
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