Volvo Cars und deren Mutter Geely Auto verzichten auf eine Fusion und wollen stattdessen ihre Kooperation deutlich vertiefen. Das kündigten beide Unternehmen am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz an.
Die beiden Autobauer wollen künftig erheblich mehr Synergien in den Bereichen Antriebstechnik, gemeinsamer Einkauf, Fahrzeug-Architektur, autonomes Fahren und weiteren Bereichen erzielen. Doch die getrennte Organisation in zwei unabhängig voneinander agierenden Unternehmen soll erhalten bleiben.
"Das ist der beste Weg nach vorne," sagte Volvo-Car-Vorstandschef Hakan Samuelsson bei einer live im Internet übertragenen Pressekonferenz. "Wir werden alle Vorteile einer Fusion haben, ohne deren Nachteile in Kauf nehmen zu müssen," fügte er hinzu.
Am Kapitalmarkt war eine Fusion vielfach mit Skepsis betrachtet worden. Fusionen beanspruchen enorme Zeit, Management-Kapazitäten und verursachen häufig zusätzliche Reibung in Bereichen, die zusammengelegt werden.
Auf die Frage, ob Volvo Cars nun einen Börsengang im Alleingang anstrebe, sagte Samuelsson: "Das ist eine Option. Aber heute haben wir keine solche Entscheidung getroffen."
Der Vorstandschef von Geely Auto, An Conghui, machte deutlich, was sich die chinesische Seite von der engeren Kooperation verspricht: "Dies wird Geely Auto in die Lage versetzen, seine globale Expansion zu beschleunigen, unsere Stärken in China besser zu nutzen und eine neue Generation von verbrauchsarmen Fahrzeugen zu entwickeln, die zur Weltspitze gehören wird."
Gemeinsamer Einkauf geplant
Konkret wollen beide Autohersteller die jeweils nächste Generation von Hybrid-Antrieben und reinen Verbrennungsantrieben gemeinsam entwickeln. Dazu soll noch im Jahresverlauf ein gemeinsames Unternehmen gegründet werden, in das beide Seite ihre jeweiligen Aktivitäten einbringen. Diese Gemeinschaftsfirma soll auch Getriebe und Hybrid-Antriebsstränge entwickeln und fertigen, und zwar nicht nur für eigene Anwendungen, sondern auch für externe Kunden.
Beide Autobauer wollen die jeweils nächste, dann nur noch rein elektrische Generation der beiden Fahrzeugplattformen SEA und SPA2 gemeinsam entwickeln und nutzen. Genutzt werden sollen diese neuen Plattformen nicht nur von den Marken Volvo und Geely, sondern auch von Lynk&Co, Polestar und auch möglichen externen Kunden.
Intensivieren wollen Volvo Cars und Geely Auto auch ihre Zusammenarbeit im Bereich autonomes Fahren, bei der Software-Entwicklung und im Einkauf. Die Beschaffung soll künftig aus einer Hand erfolgen. Zum Jahresende war Volvos Einkaufschefin Martina Buchhauser auf eigenen Wunsch ausgeschieden. Bei Thema autonomes Fahren streben Geely Auto und Volvo Cars nach eigenen Angaben eine "weltweit führende Rolle" an. Technisch geleitet werden soll dieses Feld von der Volvo-Tochter Zenseact, die aus der früheren Software-Tochter Zenuity hervorgegangen ist.
Die Geely-Marke Lynk & Co soll global über das Volvo-Händlernetzwerk vertrieben werden und ihren Service darüber organisieren können.
Daimler-Anteil von Geely könnte steigen
Geely-Holding Präsident Li Shufu, der selber nicht an der Pressekonferenz teilnahm, hatte im Mai 2020 angekündigt, er könne sich vorstellen, den Geely-Anteil an Daimler zu erhöhen. Derzeit sind die Chinesen mit 9,7-Prozent der größte Einzelaktionär von Daimler.
Nicht wenige Analysten rechneten damals mit einer künftigen Mehrheitsübernahme von Daimler. Im Sommer erklärte das Unternehmen aber, diesen Plan "vorerst" nicht weiter zu verfolgen.
Daimler und Geely haben gemeinsam das Joint Venture "smart Automobile Co. Ltd." gegründet, das künftig alle rein elektrischen Smart-Modelle entwickeln und bauen wird.
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