Die Unterversorgung mit Halbleitern könnte für die Autoindustrie noch länger ein Problem bleiben als bisher gedacht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger. "Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage von Halbleitern wird immer größer", sagt Michael Alexander, Partner bei Roland Berger. "Eine baldige Besserung ist nicht in Sicht. Denn der Engpass hat strukturelle Gründe, die in der aktuellen Ausgestaltung der Lieferketten liegen."
Die Experten gehen davon aus, dass die Knappheit der Chips bis in das Jahr 2023 und wahrscheinlich darüber hinaus bestehen bleibe. Die bisher angekündigten zusätzlichen Kapazitäten reichten nicht aus, um den Bedarf zu decken. Nach Analysen der Experten steigt die Chip-Nachfrage von 2020 bis 2022 um 17 Prozent pro Jahr. Die Produktionskapazität wächst im selben Zeitraum hingegen lediglich um sechs Prozent pro Jahr. Da die Halbleiterfabriken aktuell bereits durchschnittlich zu 97 Prozent ausgelastet sind, ist eine zügige Ausweitung der Produktion kaum möglich.
Lagerbestände verschärfen Engpass
Zwar haben inzwischen viele Unternehmen eine Erhöhung der Kapazitäten angekündigt. Doch bis diese auch den Markt erreichen, dürften noch einige Jahre vergehen. Zudem stellten bereits jetzt einige Automobilhersteller von einem "Just-in-Time" auf einen "Just-in-Case"-Ansatz um. Dies bedeutet, dass sie Lagerbestände von Halbleitern aufbauen, um kurzfristig reagieren zu können. Dies verschärfe den Versorgungsengpass zusätzlich.
Ein zusätzliches Problem: Da sich die Investitionen auf Hochleistungschips der neusten Generation konzentrieren, bleibt der Mangel bei älteren Chips mit Fertigungstechnik zum Teil aus den 1990er und 2000er Jahren bestehen. Sie stellen mit rund 95 Prozent der verbauten Halbleiter den Löwenanteil in den aktuellen Elektronik-Architekturen von Autos mit Verbrennungsmotoren dar. Chips der neuesten Generation machen hingegen nur 5 Prozent aus.
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