Der französische Autobauer Renault will seine Kernmarke und Dacia höher positionieren und mit neuen Modellen verstärkt ins C-Segment einsteigen. Das weckt im Handel Skepsis: Die Vertriebspartner fürchten um ihre Rentabilität.
"Wichtig ist, die Rentabilität des gesamten Netzes sicherzustellen", sagte Hans-Werner Hauth, Präsident des Verbands Deutscher Dacia- und Renault-Partner, bei der digitalen Mitgliederversammlung. Sowohl Hersteller als auch Händler stehen unter Druck. Die Partner wehren sich gegen eine Neuausrichtung auf ihre Kosten. Entsprechend richtet der Verband seinen Fokus im nächsten Jahr auf die Absicherung der Rentabilität.
Bereits im laufenden Jahr blieben die Renault-Partner hinter den Zielen zurück. Die durchschnittliche Rendite eines Renault-Händlers (A-Händler) lag bei 1,7 Prozent. "Trotz aller Schwierigkeiten wie Lockdown und Halbleiterproblemen konnten wir die Profitabilität im Vergleich zum Vorjahr stabil halten", so Hauth. Doch das eigentliche Ziel ist eine Rendite zwischen 1,8 und 2 Prozent.
Höherpositionierung der Kernmarke
Renault hat die Chipkrise kräftig zu spüren bekommen. Während der Gesamtmarkt in den ersten elf Monaten des laufenden Jahres um rund acht Prozent nachgab, waren Renault (-16 Prozent) und Dacia (-19 Prozent) deutlich stärker im Minus. Und auch 2022 dürfte für Renault und seine Vertriebspartner herausfordernd werden.
Bereits im ersten Quartal 2022 will Renault mit dem Megane E-Tech Electric ein klares Zeichen setzen. Der neue C-Segment-Stromer kommt mit einem Einstiegspreis von 35.200 Euro, davon geht der Umweltbonus noch ab. "Damit definieren wir E-Mobilität für die Marke neu – nicht nur mit Blick auf die Verkaufszahlen, sondern auch auf die Rentabilität des Geschäfts", versprach Fabrice Cambolive, Senior Vice President von Renault.
Für die Franzosen ein wichtiger Schritt bei der Höherpositionierung. Bis 2025 will Renault neun neue Modelle im C- und D-Segment auf den Markt bringen und nur zwei im A- und B-Segment. Der entsprechende Anteil am CD-Segment soll von derzeit 30 Prozent auf dann 60 Prozent beim Renault-Absatz steigen.
Der neue Renault-Deutschlandchef, Markus Siebrecht, erhofft sich deutlich höhere Preise: So soll die Unverbindliche Preisempfehlung im CDE-Segment um 35 Prozent auf durchschnittliche 31.000 Euro steigen. "Das ist eine echte Hausnummer", so Siebrecht. Die Entwicklung soll sich auch im Gewinn der Partner auszahlen.
Neue Händlerverträge ab 2024
Wie genau, ist noch unklar. Denn die Vertriebspartner bekommen einen neuen Vertrag. Bereits im Januar will Siebrecht eine Rohfassung des künftigen Vertrages präsentieren, um dann mit den Händlern in die Diskussion zu gehen. Werden sich Renault und seine Partner nicht einig, folgt die Kündigung samt LoI (Letter of Intent) noch im ersten Quartal. Ab Januar 2024 soll ein europaweit einheitlicher Vertrag gelten.
Siebrecht bereitet die Händler auf neue Aufgaben vor. Digitalisierung gewinnt deutlich an Bedeutung. Zusätzlich zu den physischen Standorten sei ein digitales Autohaus notwendig. "Die meisten Verkäufe kommen bereits heute über das Netz. In Zukunft wird noch mehr digital abgewickelt", so Siebrecht. Betriebe man es professionell, so sei es ein zusätzlicher Verkaufskanal.
Auch die Mobilitätsdienste, die Renault unter der Marke Mobilize zusammenfasst, kommen verstärkt in Deutschland an. Derzeit baut Renault Deutschland ein entsprechendes Team auf.
Neue Händler-CI für Dacia kommt 2022
Eine entscheidende Rolle spielt das Margen- und Bonussystem. Es wird künftig weniger auf Volumen und stärker auf Profitabilität ausgerichtet. Ziel ist es, raus aus den günstigen Kanälen und rein in den Retail zu kommen. Gemeinsam mit der RCI Banque will der Hersteller die Entwicklung vorantreiben und das Ratengeschäft pushen. Dadurch sollen die Restwerte stabilisiert werden.
Auch die Budgetmarke Dacia schaut nach oben und will sich höher positionieren. Statt den Fokus auf den günstigsten Preis zu richten, will die rumänische Marke nun mit Preis-Leistung punkten. "Einfach gut" heißt der im Sommer eingeführt Slogan. Nun der nächste Schritt: "Wir wollen Mitte nächsten Jahres eine neue Dacia CI einführen", kündigt Christophe Mittelberger, Dacia-Deutschlandchef, an. Entsprechend kommen auf die Händler neue Investitionen zu.
Geschäftsmodell von Dacia bleibt
Am bewährten Geschäftsmodell will Dacia festhalten: Die Händler erhalten eine Marge von fünf Prozent und keinen Volumenbonus. Der Fokus liegt weiter auf dem Privatkundengeschäft. Dabei dürften die vollen Auftragsbücher für einen guten Start ins Jahr 2022 sorgen: 17.000 Kundenbestellungen sind im Bestand. Das entspricht den Verkäufen von etwa drei Monaten.
Zudem will Dacia seine Kunden durch entsprechende Leasing- und Finanzierungsangebote länger an die Marke binden. Das soll nicht nur mehr Geschäft in die Werkstätten bringen, sondern auch Gebrauchtwagen für die Vertriebspartner.
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